22. März 2023

Gesetz zur gemeinsamen Bewältigung der Herausforderungen der Veränderungen für Wirtschaft und Arbeit in Hessen (Transformationsfondsgesetz)

Erste Lesung Gesetzentwurf Fraktion der SPD

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

Ich freue mich sehr, dass zu später Stunde hier noch so gute Stimmung herrscht.
Dieses Thema auf der Tagesordnung ist sehr wichtig. Wir haben zweifellos die Transformation als riesige Aufgabe vor uns. Da geht es einerseits darum, unsere Wirtschaft klimaneutral zu machen, andererseits alle Chancen der Digitalisierung zu nutzen und gleichzeitig die soziale Gerechtigkeit nicht aus den Augen zu verlieren. Denn ich bin überzeugt: Wenn wir diese Transformation schaffen, werden wir am Ende einen stärkeren und einen widerstandsfähigen Wirtschaftsstandort in Hessen haben; denn die Transformation ist eine Riesenchance für Hessen und für Deutschland. Deswegen ist es wichtig, dass wir diesen Prozess aktiv
gestalten.

Auch viele von uns grünen Abgeordneten haben in den letzten Monaten zahlreiche Unternehmen besucht, die sich in irgendeiner Art und Weise mit dem Thema „Transformation und Veränderungs-prozesse in der Wirtschaft“ auseinandersetzen und befassen: angefangen beim Bäcker, der klimaneutral produziert, über das Pharmaunternehmen, das nach Gemeinwohl bilanziert, den Automobilzulieferer, der
zweifellos vor riesigen Herausforderungen steht, bis hin zum Technologiepark, in dem grüne Start-ups entstehen werden.

Egal, ob in den Unternehmen, die wir besucht haben, oder auf der Internationalen Sanitär- und Heizungsmesse in der letzten Woche, überall begegnen uns Unternehmen, die sich auf Veränderungen
einlassen, die äußerst innovativ sind und die an Lösungen für die Zukunft arbeiten. Genau für diese Transformationsprozesse müssen wir die richtigen Rahmenbedingungen schaffen und die Unternehmen
bestmöglich unterstützen. Da bin ich schon dankbar, dass die SPD jetzt so weit ist, dass es Veränderungen geben wird und geben muss; denn viel zu lang hatte man den Eindruck, dass die SPD, wenn es darauf ankommt, doch lieber auf der Seite derjenigen steht, die wollen, dass alles so bleibt, wie es ist.

Der Transformationsfonds ist keine neue Idee, und er ist erst recht keine SPD-Idee. Dass Unternehmen bei der Bewältigung der Mammutaufgabe Transformation unterstützt werden müssen, ist unzweifelhaft.
Ob aber das vorgeschlagene Gesetz der richtige Weg ist, das bezweifle ich. Wir haben in Hessen bereits ein umfassendes Instrumentarium, um diese Transformationsprozesse zu unterstützen. Die wichtigste Grundlage dafür ist das Klimagesetz, das festlegt, dass Hessen bis 2045 klimaneutral sein wird. Zusätzlich
zu diesem Gesetz gibt es den Klimaplan; denn wir wissen: Ein Ziel ohne Plan ist nur ein frommer Wunsch.
Deshalb sind im Klimaplan zehn Handlungsfelder festgelegt: von der Energieversorgung über die Industrie bis hin zur Mobilität. Zur Finanzierung im Rahmen dieses Klimaplans stehen 370 Millionen € bereit, die wir nicht nur ins Schaufenster hängen, sondern die ganz konkret im Haushalt hinterlegt sind.
Darüber hinaus haben wir die Servicestelle „Wirtschaftswandel“ eingerichtet, die als zentraler Ansprechpartner für Unternehmen in Hessen gilt.

Es wird Best-Practice-Netzwerke geben. Es gibt bereits regionale Transformationscluster insbesondere mit dem Schwerpunkt Automobilindustrie. Es werden Investitionen für mehr Ressourceneffizienz gefördert; das ist übrigens schon seit langer Zeit ein wichtiger Baustein der hessischen Wirtschaftspolitik. Ferner gibt es den Zukunftsrat Wirtschaft, der letzte Woche von Wirtschaftsminister Al-Wazir und Ministerpräsident Boris Rhein einberufen wurde. r hat gezeigt, dass die Landesregierung bei diesem Thema an alle denkt und dass dieser Weg natürlich nur gemeinsam mit den Verbänden, mit den Gewerkschaften und mit den regionalen Institutionen beschritten werden kann. Sie sehen also: Es passiert eine Menge, um die Transformation in Hessen voranzutreiben. Das Land Hessen lässt dabei niemanden alleine, sondern schafft Strukturen und Unterstützung auf diesem nicht einfachen Weg.

Ich bin sehr gespannt, was die Anhörung zu dem Transformationsfonds zeigen wird; denn es klingt ja erst einmal charmant, 200 Millionen € pro Jahr für Transformationsaufgaben zur Verfügung zu stellen. Schaut man sich an, wofür das alles gebraucht wird, ist diese Summe ganz schnell ganz klein. Es soll nämlich nicht nur Unternehmen bei der Transformation geholfen werden, sondern es sollen auch Bildungs und
Qualifizierungsangebote sowie Innovationen und Digitalisierung gefördert werden. Auch sollen Kommunen bei Klimaschutzaufgaben unterstützt werden. Also irgendwie soll alles gefördert bzw. unterstützt werden. Dafür kommen mir die 200 Millionen € sehr wenig vor. Zum Vergleich: Wir haben im Doppelhaushalt 2023/2024 schon jetzt 900 Millionen € pro Jahr für Klimaschutzmaßnahmen angesetzt, also insgesamt 1,8 Milliarden €. Das ist schon wesentlich mehr als das, was die SPD fordert.
Auch deshalb glaube ich, dass die 200 Millionen € nicht ausreichen werden.
Allerdings sieht man, wenn man den Gesetzesentwurf weiterliest, dass nicht alle Unternehmen von diesem Transformationsfonds unterstützt werden sollen. Voraussetzung ist nämlich, dass die Unternehmen, die Zugriff auf diesen Fonds bekommen sollen, Tarifverträge haben und dass sie ausbilden. Das ist vielleicht gut gemeint, aber damit wird ein riesiger Anteil der hessischen Unternehmen, insbesondere die kleinen
und Kleinstunternehmen, von diesem Transformationsfonds ausgeschlossen. Ich bin ausdrücklich dafür, dass wir eine höhere Flächendeckung für Tarifverträge in Hessen erreichen. Aber das erreichen wir doch nicht, indem wir Unternehmen, die keine Tarifverträge und keinen Betriebsrat haben oder die aus irgendwelchen Gründen nicht ausbilden können oder nicht ausbilden wollen, in einem solchen Transformationsprozess einfach alleinlassen. Das ist realitätsfern und lässt den Großteil der unter-nehmerischen Wirklichkeit in Hessen einfach außen vor. Auch deshalb glaube ich, dass der Fonds in der von Ihnen vorgeschlagenen Art und Weise nicht geeignet ist.

Ein weiterer Punkt ist die Bestands- und Standortgarantie; das setzen Sie ebenfalls als Kriterium an. Auch das haben wir schon öfter diskutiert. Wir hatten gestern Abend im Ausschuss das Beispiel Galeria Kaufhof. Auch da wurde doch deutlich: Kein Unternehmen kann in schwierigen Zeiten wie der Energiekrise, der Corona-Pandemie oder auch im vor uns liegenden Transformationsprozess seriös und verlässlich Garantien dafür aussprechen, dass alle Stellen und Standorte erhalten bleiben. Das ist doch völlig realitätsfern. Damit sind praktisch alle Unternehmen von diesem Transformationsfonds ausgeschlossen,
haben dazu keinen Zugang. Erst recht nicht, wenn, wie im Gesetzentwurf angedroht, Sanktionen darauf
folgen können, wenn solche Zusagen nicht eingehalten werden.
Vielleicht reicht das Geld am Ende doch, weil einfach ein größerer Teil der Unternehmen ausgeschlossen ist.

Also zusammenfassend: Ich bin sehr gespannt, was uns die Anhörung bringen wird. Ich bin sehr gespannt und freue mich auf die Anhörung; denn lernen kann man immer etwas. – Vielen Dank.

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