7. Juli 2021

Gesetzentwurf der AfD zur Änderung der Hessischen Bauordnung (HBO)

Meine Rede dazu am 07. Juli 2021:

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Eigentlich kann man über den Vorschlag der AfD zur Änderung der HBO und auch über den nachfolgenden Gesetzentwurf zum Waldgesetz nur den Kopf schütteln; denn die Intention, die Sie dabei verfolgen, ist bei beiden Gesetzentwürfen glasklar. Sie wollen den weiteren Windkraftausbau in Hessen verhindern. Sie wittern da ein großes Empörungspotenzial, das Sie für Ihre Zwecke ausnutzen wollen.
Aber ich sage Ihnen: Das wird Ihnen nicht gelingen. Wir sehen überall die Folgen des menschengemachten Klimawandels, die absterbenden Wälder. Wir sehen die Extremwetterereignisse aktuell in Kanada, eine Hitze, die auf
unseren Breitengraden völlig unnormal ist. Das zeigt uns, dass das Klima sich verändert. Es ist klar, dass das auch
die Folge unseres Handelns in den letzten Jahrzehnten ist. Deshalb müssen wir natürlich etwas tun. Deshalb hat der
Umbau des Energiesystems höchste Priorität, weil die Energieerzeugung mit den größten Anteil an den CO2-
Emissionen hat, in Deutschland, in Europa und auch weltweit.
Dazu gehört, dass wir die Kohlekraftwerke abschalten, dass wir auch den Energiebedarf senken sowie den
restlichen Strombedarf über erneuerbare Energien decken. Dazu gehört natürlich auch die Windenergie.
Deshalb wird in transparenten Verfahren auf ausgewiesenen Flächen unter der bestmöglichen Abwägung – das
muss auch gesagt werden – die Windkraft ausgebaut. Sie waren damals beim Hessischen Energiegipfel nicht dabei.
Ich war es persönlich auch nicht, trotzdem möchte ich schildern, wie das damals gelaufen ist: Auf dem Hessischen
Energiegipfel waren alle damals im Hessischen Landtag vertretenen Fraktionen anwesend. Es wurde einstimmig
beschlossen, dass die Energieversorgung in Hessen bis spätestens 2050 zu 100 % aus erneuerbaren Energien
stammen soll. Um diesen Energiebedarf zu decken, wurden Potenzialstudien durchgeführt, wurde ausgewertet, wie viel der jeweilige Energieträger dazu beitragen kann. In diesem Zielszenario soll die Windenergie 28 TWh Strom pro Jahr beisteuern. Das entspricht ungefähr 60 % des Strombedarfs, den wir in Hessen haben. Um diese 60 % zu erzeugen, brauchen wir 2 % der Landesfläche für Windenergieanlagen. Die restlichen 98 % der Landesfläche bleiben daher frei
von Windenergieanlagen. So ist es landespolitisch vorgegeben. Das war der Vorschlag aus dem Energiegipfel.

Auch mit Blick auf den Naturschutz haben wir erst vor Kurzem eine faire Regelung geschaffen; denn auf den restlichen
Flächen, auf denen die Erzeugung von Windkraft nicht ausgebaut wird, stärken wir den Naturschutz und den
Artenschutz. Wir haben ein Programm aufgelegt, um die Lebenssituation der windkraftsensiblen Arten zu verbessern.
Diese Einigung zwischen Windkraftbetreibern und Naturschützern in Hessen ist einzigartig. Das kann auch eine
Blaupause für den Bund sein. Darauf können wir stolz sein.

Die Regionalversammlungen Nord-, Mittel- und Südhessen hatten dann die Aufgabe, diese Vorrangflächen für die
Windkraftanlagen auszuweisen. Die haben sich natürlich an Vorgaben, an Prämissen orientiert. Zuallererst muss auf
einer Windvorrangfläche der Wind wehen. Deshalb kommen bei uns in Hessen hauptsächlich die Flächen in den
oberen Höhenlagen infrage. Die sind in unserem sehr waldreichen Bundesland eben auch oft bewaldet. Deshalb
war klar, dass wir in Hessen nicht um Windkrafterzeugung in den Waldstandorten herumkommen.
Dann gibt es natürlich auch eine Vorgabe zu Abstandsflächen zu Siedlungen. Da musste ich bei dem Gesetzentwurf
ein bisschen schmunzeln, weil bei der Aufstellung der Vorrangflächen genau diese 1.000 m gelten, die Sie jetzt über
die HBO festschreiben wollen. Das war unter anderem auch ein Ergebnis des Energiegipfels. Ich stelle fest: Was
Sie hier ändern wollen, ist schon längst Planungsgrundlage in Hessen. Das ist schon längst passiert. Die Regionalpläne
sind für alle drei Landesteile beschlossen. Es wurde berücksichtigt, 1.000 m Abstand einzuhalten. Wir haben die
2 % annähernd erreicht. Diese 2 % müssen jetzt auch mit Windkraftanlagen bebaut werden.

Interessant wird es dann bei der Begründung Ihres Gesetzentwurfes. Sie argumentieren mit Infraschall gegen Windenergie. Anfang des Jahres wurde eine Studie widerlegt, die im Auftrag einer Bundesbehörde tatsächlich erfolgte.
Nachdem etliche Stellen jahrelang nachgewiesen hatten, dass diese Studie falsch ist, erfolgte jetzt endlich auch die
Korrektur. Die Bundesbehörde hatte sich verrechnet, und zwar um den Faktor 1.000. Ich stelle fest: Infraschall von
Windkraftanlagen ist nicht gesundheitsgefährdend. Tatsächlich ist es so, dass Infraschall im Auto wesentlich
stärker ist als in der Nähe von Windkraftanlagen. Vielleicht erzählen Sie das einmal Ihren Freunden von „Fridays for
Hubraum“. Dann haben sie vielleicht auch eine andere Einstellung zum Auto.

Ich hatte anfangs schon gesagt, warum Sie diesen und auch den nachfolgenden Gesetzentwurf einbringen. Ihnen geht
es nicht um die Sache, sondern Ihnen geht es um die Empörung. Sie leugnen auch ganz offensichtlich den menschengemachten Klimawandel. Sie haben damit auch überhaupt keine Antworten auf die drängenden Fragen der Zukunft. Ich bin sehr froh, dass die meisten Menschen schon viel weiter sind als Sie; denn, wenn man sich den Rückhalt für die Energiewende anschaut, dann stellt man fest, dass die Akzeptanz für die Energiewende und auch für die Windkraft ungebrochen hoch ist. Fast 90 % befürworten eine stärkere Nutzung von erneuerbaren Energien. Das zeigt eine kürzlich durchgeführte Umfrage. Selbst wenn es um die Windkraftanlage vor der eigenen Haustür geht, liegt die Zustimmung noch bei über 50 %. Durch die Erfahrungen mit den Windkraftanlagen – also je länger die Anlage vor der Tür steht – steigt auch die Akzeptanz. Das zeigt, die Menschen in Hessen sind sehr viel weiter als die AfD-Fraktion.

Die Menschen in Hessen sorgen sich um den Klimawandel. Um diesen so gering wie möglich zu halten, um die
Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, brauchen wir die Energiewende, brauchen wir auch Windkraftanlagen.
Daran arbeiten wir in Hessen. – Vielen Dank.

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