16. Mai 2024

Meine Rede zum AfD Antrag „Klimaschutz tanken – Verbrenner erhalten – HVO-Diesel ist gut für den Automobilstandort Hessen und den Fuhrpark des Landes“

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!

Deutschland und die Welt haben sich zu globalen Klimazielen verpflichtet. Die Erderwärmung soll auf maximal 2 Grad Celsius begrenzt werden. Auch wir in Hessen haben Klimaziele. Wir haben Sektorziele. Über ein Drittel der Emissionen in Hessen stammen vom Verkehr. Daher ist es wichtig, dorthin zu schauen und dort Emissionen einzusparen. Ich habe am Dienstag schon aus Studien zitiert, die zeigen, wie enorm und drastisch die wirtschaftlichen Schäden sein werden, wenn wir nichts gegen den Klimawandel tun.
Das ist der Ausgangspunkt dieser Debatte. Ich freue mich jetzt über alle Beiträge und Diskussionen,
die, davon ausgehend, einen Beitrag dazu leisten, wie wir dieses Problem lösen.

Vor diesem Hintergrund ist der Antrag der Fraktion der AfD und das, was Sie gerade gesagt haben,
absolut kein Beitrag für eine differenzierte Debatte. Denn er ist ganz im Stil der AfD-Fraktion voll mit
populistischen und undifferenzierten Zusammenstellungen. Er hat in keinem einzigen Absatz einen
Vorschlag zur Lösung. Aber man kann von einer Partei, die den menschengemachten Klimawandel
schlichtweg leugnet, auch nichts anderes erwarten.

Die Automobilindustrie ist ein wesentlicher Industriezweig und hat für die Wertschöpfung und für gute
und tarifentlohnte Arbeitsplätze große Bedeutung. Nichtsdestotrotz steigt der Druck mit Blick auf die
neuen Anforderungen bei den Antrieben, bei den Technologien und vor allem auch mit Blick auf die
internationale Wettbewerbsfähigkeit enorm. Eine Automobilindustrie der Zukunft wird nur klimaneutral
Bestand haben. Bei den Unternehmen selbst ist innovative Ingenieurskunst gefragt. Aber man braucht auch zuverlässige politische Rahmenbedingungen, die den Weg zur Klimaneutralität ebnen. Die Automobilindustrie hat sich schon längst auf den Weg gemacht, Alternativen zu den herkömmlichen Verbrennungsmotoren zu finden. Dafür braucht sie Klarheit, wohin sich die Märkte in Zukunft entwickeln werden. Der Automobilstandort Deutschland lebt von offenen Märkten und dem Export. Herr Kollege von der AfD, das hätten Sie sich vielleicht einmal anschauen sollen. Im Jahr 2023 wurden rund 76 % der in
Deutschland produzierten Pkw in andere Länder exportiert. Deshalb ist der Zugang zu ausländischen
Märkten und zu offenen Märkten ein zentrales Thema bei der deutschen Automobilindustrie.

Die allermeisten Personenkraftwagen, also Pkw, werden innerhalb Europas exportiert. Auch deshalb,
nicht nur, aber auch deshalb, wiederhole ich meinen Aufruf vom Dienstag: Wer unseren Wohlstand
sichern will und wer unseren Wirtschaftsstandort nicht schwächen will, der darf am 9. Juni 2024 bei
der Wahl zum Europäischen Parlament nicht die AfD wählen. Über 1,7 Millionen Pkw wurden 2023 in europäische Länder exportiert. Unter den wichtigsten Exportmärkten befinden sich Frankreich, Großbritannien und Spanien. Sie haben angekündigt, in den nächsten 20 Jahren aus der Nutzung des fossilen Brenners auszusteigen. Frankreich kritisiert gerade Deutschland dafür, dass über den Ausstieg aus der Nutzung des Verbrenners diskutiert wird. Kalifornien und Kanada haben ebenfalls die Nutzung des Verbrenners ausgeschlossen. Selbst in China gibt es entsprechende Pläne. Äthiopien hat einen Einfuhrstopp für Autos mit Verbrenner und für deutsche Autos mit Verbrenner erlassen, weil sie eben nicht mit unseren alten dreckigen Autos fahren wollen. Das ist doch überhaupt keine Frage. Es steht überhaupt nicht zur Debatte: Das emissionsfreie Auto der Zukunft wird kommen. Die Frage ist nur: Wird es in Deutschland oder wird es woanders in der Welt gebaut werden. Wir setzen uns natürlich dafür ein, dass die Transformation hier geschieht. Die Transformation der Automobilindustrie und aller anderen Industrien muss hier vor Ort geschehen. Hessen ist ein Industrieland. Hessen soll ein Industrieland bleiben.

Wenn wir in 15 Jahren noch Autos exportieren wollen, dann müssen sie schlichtweg emissionsfrei
sein. Wer deutsche Autos haben möchte, der muss sich zum Fortschritt bekennen und nicht zur
Vergangenheit. Schauen wir uns an, wo derzeit massiv in die Elektromobilität investiert wird. Die chinesischen Firmen wie Nio und BYD, allesamt reine Elektroautomobilhersteller, haben auf der Internationalen Automobil-Ausstellung im September 2023 die größten Standflächen gebucht gehabt. BYD baut sogar Frachter, um die Elektroautos nach Europa zu schiffen. Es gibt den Plan, in Ungarn eine Fabrik zu errichten. Riesige Showrooms entstehen auch in deutschen Städten. Tesla hat den deutschen Markt so schnell erobert, weil es eben in Deutschland keine bezahlbaren Elektroautos gab, die als Alternative zur Verfügung gestanden hätten. Jetzt können Sie natürlich hergehen und sagen: Das ist alles ganz schlecht und alles ganz schlimm. – Der Punkt ist doch: Der globale Markt, den wir betrachten, befindet sich nicht im Umbruch, weil es in Deutschland einmal eine Zeit lang Subventionen für die Elektroautos gab. Vielmehr ist der globale Markt im Umbruch, weil sich bei aller Offenheit für die Technologien die Elektromobilität als effizienteste aller alternativen Kraftstoffe und Antriebstechnologien herausgestellt hat. Das ist der Markt. Das ist die Entwicklung.

Die Elektromobilität ist fünfmal effizienter als alternative Kraftstoffe. Das sind die reinen Fakten. Sie
ist deshalb unschlagbar hinsichtlich der Kosten pro Kilometer. Das ist doch das, was am Ende für
die Kundinnen und Kunden zählt: Wie viel kostet es? Der Satz zu der sozialen Marktwirtschaft ist der
einzig richtige in Ihrem Antrag. Angebot und Nachfrage entscheiden, wohin die Reise geht. Da ist der
Trend bei den Pkw ganz klar abzusehen. In Zukunft werden die Kosten für die Fahrzeuge fallen. Die deutschen Automobilhersteller haben sich auch auf den Weg gemacht. VW, Mercedes oder
Opel haben Strategien und schlagen vor, wie sie ihre Baureihen elektrifizieren. In Batterieantriebe
und in Plug-in-Hybride wird investiert. Wenn die Wirtschaft eines braucht, dann sind es verlässliche
Rahmenbedingungen und kein „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“.
Auch die Gewerkschaften sprechen sich ganz klar für die Transformation aus. Es wäre kontraproduktiv,
jetzt eine Rolle rückwärts zu machen, sagt die IG Metall. Im Gegenteil: Sie fordert massive
Investitionen für den Automobilstandort Deutschland. Die Gewerkschaften sagen, dass sich der Erfolg
der Elektromobilität ganz klar über die Industriearbeitsplätze und die Zukunft dieser Arbeitsplätze in
Deutschland entscheidet. Ich finde, das ist ein ganz wichtiges Zeichen. Opel in Rüsselsheim hat in diesem Jahr alle Modelle auch als elektrische Autos entwickelt, und aus der Entwicklung von Verbrennungs-motoren wird komplett ausgestiegen. Was Sie, Kollegen der AfD-Fraktion, in Ihrem Antrag vorschlagen, gefährdet unsere hessischen Industriestandorte, die sich allesamt schon ganz klar für einen Weg entschieden haben. Natürlich – das will ich auch sagen – wird nicht alles elektrisch gehen; das sagen wir auch gar nicht, Dr. Stefan Naas. Bei schweren Nutzfahrzeugen, bei Lkw, bei Flugzeugen oder bei Schiffen gibt es noch keinen klaren Technologiepfad. Da gibt es die Brennstoffzelle; das geht batterieelektrisch. Es
gibt Wasserstoff, E-Fuels oder klimaneutrale Kraftstoffe. Es gibt verschiedene Konzepte, die allesamt
konkurrieren. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, wohin die Reise geht und was sich als
effizientestes Konzept durchsetzen wird. Aber eines ist klar: Es muss klimaneutral sein. Das heißt: Die E-Fuels müssen klimaneutral sein, also mit erneuerbaren Energien hergestellt werden. Der Wasserstoff muss natürlich auch grüner Wasserstoff als Grundlage sein. Den brauchen wir für den Ausbau der erneuerbaren Energien, wie wir alle wissen.

Damit komme ich zum Antrag der FDP-Fraktion. Die Klimakrise ist weit fortgeschritten, wie wir alle
tagtäglich merken, sodass wir auf nichts verzichten können. Wir werden die Technologien brauchen,
aber wir brauchen nicht jede Technologie überall. Das ist genau der Punkt: Wir müssen sie dort
einsetzen, wo es ökonomisch, ökologisch und aus Kostengründen Sinn ergibt. Lieber Stefan Naas, ich habe mich gerade sehr über deine Rede gefreut, weil ich ein so klares Bekenntnis der FDP zur Elektromobilität vorher noch nie gehört habe. Das klang vor fünf Jahren noch ganz anders. Vielen Dank dafür. Der Fortschritt scheint da zu sein, wenn auch nicht so schnell.

Dann reden wir über HVO 100. Sein Einsatz ist sinnvoll, wo die direkte Nutzung von Strom nicht
möglich ist. – Unsere Bundesministerin hat da auch zugestimmt. Daher sind wir auch dabei. – Sein Einsatz ist als Übergangslösung zum Beispiel für Nutzfahrzeuge eine Option.

Ich komme zum Schluss. – Es ist aber kein Wundermittel, wie Sie es schon wieder einführen. Es ist
wesentlich ineffizienter als die direkte Nutzung von elektrischem Strom. Deshalb wird es auch nur ein
Nischenprodukt bleiben. Da kann es durchaus seine Existenzberechtigung haben.
Aber für die Anwendung im großen Stil hat sich bereits eine Technologie durchgesetzt, die effizient,
komfortabel und klimafreundlich ist: Das ist das mit erneuerbaren Energien fahrende Elektroauto. –
Vielen herzlichen Dank.

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