Zweite Lesung, Gesetzentwurf
Hier findet ihr das Video mit meiner Rede.
Herr Präsident! Der Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen empfiehlt dem Plenum,
den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 20/9435 in zweiter Lesung
anzunehmen.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute zum zweiten Mal im Plenum
über das neue, über das sozusagen komplett überarbeitete Hessische Energiegesetz. Das wird
helfen, Hessen bis spätestens 2045 klimaneutral zu machen. Es wird die Energiewende schneller
voranbringen, und es wird der Wärmewende einen Schub geben. Damit das eingebrachte gute Gesetz noch besser wird, haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, der auch im Wirtschaftsausschuss angenommen wurde, mit dem vier wesentliche Punkte geändert werden.
Erstens: Wir heben die Ziele für die Windenergie von 2 % auf 2,2 % der Landesfläche an. Hessen
muss laut Bundesgesetz bis 2032 2,2 % für Windkraftvorrangflächen bereitstellen. Dem werden
wir natürlich nachkommen. Deshalb ändern wir das Gesetz an dieser Stelle mit einem Verweis auf
das Wind-an-Land-Gesetz. Damit sind wir meiner Kenntnis nach eines der ersten Länder, die diese
neuen Ziele wirklich in einem Gesetz festschreiben. Und wir sind schon jetzt eines von nur zwei
Bundesländern, das das aktuell geltende Windkraftziel – nämlich 1,8 % der Fläche – bereits erreicht
hat. Das zeigt, Hessen ist bei der Flächenausweisung ganz vorne dabei. Beispielsweise werden in Thüringen aktuell noch Grundsatzentscheidungen ausgefochten. Dort wurde letzte Woche vom Bundesverfassungsgericht höchstrichterlich entschieden, dass ein Verbot von Windkraft im Wald verfassungswidrig ist. Damit wird auch der Weg, den wir in Hessen schon seit über zehn Jahren gehen, noch einmal gestärkt.
Gleichzeitig haben wir gestern vom Minister gehört, dass sich auch die Anzahl der genehmigten Anlagen
für Windkraft wieder erhöht hat. Bereits 45 Anlagen wurden in den ersten drei Quartalen genehmigt.
Das zeigt, dass die Maßnahmen, die wir auf den Weg bringen – z. B. die Verwaltungsvorschrift
Naturschutz/Windenergie –, Wirkung entfalten und dazu führen, dass wieder mehr Windkraftanlagen
errichtet werden.
Die zweite Änderung ist, dass wir die Formulierung im Gesetz ändern und erneuerbare Energien
zukünftig von überragendem öffentlichem Interesse sein und der öffentlichen Sicherheit dienen werden.
Das ist eine Anpassung an die Formulierung des Bundesgesetzes. Das Bundesgesetz war zum
Zeitpunkt der Erstellung des Energiegesetzes in Hessen noch nicht verabschiedet. Diese Formulierung
macht auch in Hessen deutlich, was für einen hohen Stellenwert der Ausbau der erneuerbaren
Energien hat. Die vorherige Formulierung war in der Anhörung von mehreren Anzuhörenden kritisiert
worden. Das greifen wir auf, und das wird auch Auswirkungen z. B. auf Gerichtsverfahren oder Genehmigungsprozesse haben. Wir haben da klar beschrieben: Der Ausbau der erneuerbaren Energien
ist für uns in Hessen elementar.
In unserem Änderungsantrag haben wir außerdem zwei Änderungen beschlossen, die nicht direkt das
Energiegesetz betreffen, sondern die Hessische Bauordnung, was aber auch eng damit zusammenhängt,
wie schnell der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Energiewende gelingen.
Zum einen schreiben wir die Reduzierung der Abstandspflicht von Solaranlagen auf Reihenhäusern
fest. Damit wird auch Eigentümern von Reihenhäusern – von denen gibt es auch in Hessen jede
Menge – ermöglicht, eine Fotovoltaikanlage auf ihrem Dach des Reihenhauses zu installieren; denn
die neuen Regelungen stellen jetzt erheblich mehr Dachfläche für Solaranlagen zur Verfügung. Genau
das brauchen wir für die Energiewende. Alle bereits versiegelten Flächen müssen für die Solarstromerzeugung genutzt werden. Da ist diese Änderung sehr wirkungsvoll.
Außerdem ermöglichen wir durch die Gesetzesänderungen das Aufstellen von Wärmepumpen näher
an der Nachbargrundstücksgrenze. Vorher musste man jeweils 3 m Abstand halten. Das ist natürlich
auf kleinen Grundstücken relativ schwierig bzw. überhaupt nicht möglich. Das hatte früher durchaus
seinen Sinn; denn, wenn man sich überlegt, wie laut Wärmepumpen früher gewesen sind, erschließt
sich diese Abstandsregelung. Heute sind sie durch die technologische Entwicklung sehr viel leiser und müssen auch nicht mehr dauerhaft laufen. Daher kann man diesen Abstand guten Gewissens reduzieren. Trotzdem gelten natürlich die emissionsschutzrechtlichen Vorgaben und der Lärmschutz. Das ist auch klar.
Insgesamt ist es eine gute Sache, vor allem für die Menschen, die gerade angesichts der hohen Preise
weg von Öl- und Gasheizungen wollen und auf eine umweltschonende und bezahlbare Alternative,
wie z. B. die Wärmepumpe, umsteigen wollen.
Die Anhörung hat gezeigt, dass der Gesetzentwurf für die meisten Expertinnen und Experten in die
richtige Richtung geht. Die meisten Anzuhörenden unterstützen die Ziele und Maßnahmen im Entwurf.
Vom VdW südwest über die Architekten- und Stadtplanerkammer, der BWE Hessen, der VKU Hessen,
die Kommunalen Spitzenverbände, sie alle begrüßen die Gesetzesänderungen.
Auf einige Punkte aus der Anhörung möchte ich noch einmal näher eingehen. Bei diesem Gesetzentwurf
handelt es sich um das Energiegesetz. Es bezieht sich auf die Energie- und die Wärmeversorgung
in Hessen. Parallel haben wir im Umweltausschuss auch noch das Hessische Klimaschutzgesetz
im Verfahren, das natürlich sehr viel umfassender alle Maßnahmen rund um den Klimaschutz
aufgreift.
An der Stelle muss ich sagen, ich halte es ausdrücklich für wichtig, wie wir das angehen, dass
wir nämlich das Klimaschutzgesetz mit den Klimazielen als Dach sehen und darunter die konkreten
Gesetze ansiedeln, z. B. für den Energiebereich oder auch für den Mobilitäts- und Verkehrssektor.
Daher ist es auch eine Antwort auf die Kritik mancher Anzuhörenden, die gesagt haben, es fehle im
Energiegesetz der Klimaschutz. Den haben wir einfach an einer anderen Stelle festgeschrieben – und
vor allen Dingen nicht weniger wirkungsvoll. Von vielen Anzuhörenden wurde als positiver Beitrag für die Wärmewende auch die Verpflichtung der Kommunen zur kommunalen Wärmeplanung gesehen: Ab 20.000 Einwohnern wird sie zukünftig Pflicht. Bemerkenswert ist, dass beispielsweise der Hessische Städtetag diese Planung unterstützt. Er schreibt: Grundsätzlich wird diese Pflicht wird von den uns rückmeldenden Mitgliedern unterstützt. Im Gesetz steht, dass die Kommunen ab 20.000 Einwohnern zukünftig eine Wärmeplanung vorlegen müssen. Das ist ein sehr wirkungsvolles Instrument, um zu einer effizienten Wärmebereitstellung zu kommen. Natürlich – weil das auch immer wieder kam – werden die Kommunen für diesen Aufwand, den sie ertragen müssen, entschädigt. Im Rahmen der Konnexität ist das völlig klar, das ist im Gesetzentwurf auch klar formuliert.
Bei der Wärmeplanung geht es darum, zu schauen: Wo sind die Unternehmen, wo sind die Regionen
oder auch die Industrieparks in einer Stadt, wo Abwärme entsteht, und wie kann man diese
in bestehenden oder in neuen Wärmenetzen bestmöglich verwenden. Ein Beispiel, das sich immer
wieder aufdrängt, sind die Rechenzentren. Davon haben wir in Hessen viele, gerade in Südhessen.
Wir GRÜNE sagen immer, Digitalisierung und Nachhaltigkeit müssen zusammengehen. Allein die Stadt Frankfurt könnte sich rein bilanziell durch die Abwärme der Rechenzentren vollständig mit Wärme versorgen. Das ist natürlich in der Praxis nicht so einfach, wie das bilanziell darzustellen ist. Der erste Schritt ist aber diese Wärmeplanung. Deswegen ist es gut, dass Kommunen zukünftig analysieren müssen, wo Wärme entsteht, wo sie gebraucht werden kann und wie man das bestmöglich zusammenbringt.
Auch der Landesverband für Energie- und Wasserwirtschaft Hessen/Rheinland-Pfalz begrüßt das Gesetz
und hebt insbesondere die Selbstverpflichtung der Landesregierung hervor. Auf den landeseigenen
Gebäuden gilt eine PV-Pflicht, und Parkplätze ab 35 Stellplätzen müssen zukünftig mit Fotovoltaik
überdacht werden. Ein Zitat vom LDEW, das ich gerne bringe: [Das] … begrüßen wir und halten Hessen auch im Bundesländervergleich hiermit vorbildlich.
Außerdem verpflichten wir uns als Land zu höheren Energieeffizienzstandards beim Neubau und auch
bei der Sanierung von Gebäuden. Besonders wichtig aus meiner Sicht ist es, dass wir für dieses
Gesetz nicht nur den Energiebedarf betrachten, der bei der Nutzung des Gebäudes anfällt, also
die bekannten KfW-Standards, sondern auch den, der beim Bau des Gebäudes anfällt. Wir machen
sozusagen eine genaue Betrachtung, die sogenannte graue Energie spielt auch eine große Rolle. Sie
ist zu minimieren. So steht es im Gesetz. Damit sind wir eines der wenigen Bundesländer, die den
gesamten Lebenszyklus im Gesetz festgeschrieben haben. Damit treiben wir auch eine nachhaltige
Bauweise voran.
Ich komme zum Schluss. – Sehr geehrte Damen und Herren, der Gesetzentwurf enthält viele gute
Punkte. Lassen Sie ihn uns heute beschließen und damit gesetzgeberisch sehr verbindliche Regelungen
festschreiben und die Energie- und Wärmewende voranbringen. – Vielen herzlichen Dank.
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