3. Februar 2022

Fintech-Standort Hessen

Antrag Fraktion der Freien Demokraten Fintech-Standort Hessen bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück – Hessen braucht neue Impulse, um Potenziale endlich auszuschöpfen

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!

Wir reden heute zum wiederholten Male über Gründerinnen und Gründer und über das Thema Start-ups. Das ist gut, weil es ein wichtiges Thema ist, das uns in Hessen nicht erst seit Kurzem beschäftigt und auch nicht, weil es jetzt plötzlich hipp und cool ist und weil sich alle um Start-ups kümmern, sondern weil es wichtig ist für den Erfolg unserer Wirtschaft. Deshalb danke ich der FDP ganz grundsätzlich, dass sie das Thema zum wiederholten Male auf die Tagesordnung gesetzt hat, auch wenn wir diesem Antrag im Inhalt nicht zustimmen können.

Wir hatten im November bereits eine ausführliche Debatte und auch einen sehr umfangreichen Antrag
zu diesem Thema beschlossen, in dem steht, was wir in Hessen tun und welche weiteren Maßnahmen
wir in Hessen auch noch brauchen. Der Gegenantrag wurde sozusagen auch schon beschlossen.
Es stehen unzweifelhaft große Herausforderungen vor uns. Wir müssen von den Lieferketten bis zu
den Geschäftsmodellen, vom Mittelstand bis zur Industrie Klimaneutralität erreichen, nicht nur, um die
Folgen der Klimakrise abzumildern, sondern auch, weil wir unsere hessische Wirtschaft stärken müssen
und die Wettbewerbsfähigkeit erhalten müssen. Genau dafür brauchen wir einerseits die digitale
Modernisierung und andererseits die ökologische Modernisierung.
Da kommen Start-ups ins Spiel; denn sie sind Innovationsmotor für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft. Viele Start-ups bringen uns digital nach vorne, viele Start-ups bringen uns bei der ökologischen Modernisierung nach vorne, und Start-ups sind der Mittelstand von morgen, den wir so dringend brauchen. Dabei geht es um Wertschöpfung, um Innovationen und Arbeitsplätze. Aus diesen Gründen stärken wir Start-ups in Hessen, sehr geehrte Damen und Herren.

Für Start-ups sind drei Punkte ganz wesentlich: Das Erste ist das Ökosystem, das Zweite sind die Talente,
und das Dritte ist der Zugang zu Finanzierungen.
Das A und O ist das Ökosystem. Warum ist Berlin so erfolgreich? Nicht, weil es arm, aber sexy ist,
sondern weil es ein sehr engmaschiges und ein über Jahre gewachsenes Netzwerk aus Hochschulen,
Wissenschaft, Finanziers, Start-ups und Unternehmen hat. Genau das macht ein Ökosystem aus. Es
ist natürlich als Bundeshauptstadt, noch dazu als Stadtstaat, wo man sehr verdichtet lebt, nicht so
schwer, solch ein Ökosystem aufzubauen. Aber genau daran arbeiten wir in Hessen seit Jahren.
Genau dafür gibt es den StartHub Hessen, die zentrale Anlaufstelle für Start-ups, für Interessenten,
für Investoren. Damit stärken wir das Start-up-Ökosystem hessenweit, damit werden wir sichtbar. Daran
werden wir weiterarbeiten. Der internationale Startup Genome Report vom letzten September berichtet über die Region Frankfurt/Rhein-Main. Die Region wird da in einem internationalen Ranking unter den Top 30 der dynamischsten und neu entstehenden Gründungsregionen aufgeführt. Außer Hamburg findet sich unter diesen Top 30 keine weitere deutsche Region. Das ist ein Erfolg. Das spricht gerade im Hinblick auf die globale Bedeutung für unsere Gründungs- und Standortpolitik, sehr geehrte Damen und Herren.
In den letzten Jahren ist einerseits Infrastruktur geschaffen worden, damit die Zusammenarbeit und
die Innovationen stattfinden können; ich nenne die Hubs, das TechQuartier oder den HUB31 in Darmstadt
als Beispiele. Es sind andererseits Formate entwickelt worden, z. B. Hackathons – ein ganz spannendes Format – oder Bootcamps, in denen Start-ups, Unternehmen und die Wissenschaft zusammenkommen und gemeinsam an Trend- und Innovationsthemen arbeiten können. Für diese Formate wiederum sind physische Orte entscheidend, also Orte wie das TechQuartier oder der Heimathafen in Wiesbaden, wo die
Vernetzung auch physisch stattfinden kann. Diese drei Bausteine greifen ineinander, und diese drei Bausteine bilden den Mehrwert der Region Frankfurt/Rhein-Main.
Ein wichtiges Format ist z. B. das Safe FBDC, das Safe Financial Big Data Cluster, für das Hessen
eine GAIA-X-Förderung bekommen hat, in dem sich Akteure aus Wissenschaft, aus Banken, aus Universitäten und auch die Aufsichtsbehörden und die Landesregierung vernetzen und gemeinsam Modelle für KI und datenbasierte Geschäftsmodelle in der Finanzindustrie entwickeln.
Auch das neue Projekt, das diese Woche vorgestellt wurde, EuroDaT, ist mit dem gleichen Ziel, nämlich
einen europäischen Datentreuhänder zu gründen, GAIA-X-gefördert. Daran sieht man: In Hessen
setzen wir darauf, auf die Stärken, die hier ohnehin vorhanden sind, nämlich in der Finanzindustrie
und im Finanzsektor, auf diese regionalen Vorteile einzugehen und sie weiter voranzubringen. Das
zeigen auch die steigenden Gründerzahlen in dem Bereich.

Spannend ist, wenn man einen Blick auf die verschiedenen Cluster in Hessen wirft. Frankfurt ist, wie
gesagt, ein großer Standort für die Finanzbranche, in der das Thema Nachhaltigkeit eine immer größere
Rolle spielt. Das ISSB für die finanzielle Nachhaltigkeitsberichterstattung kommt nach Frankfurt.
Die Frage, was in der Finanzwelt als nachhaltig eingestuft wird und was nicht, ist gerade im europäischen
Kontext sehr wichtig und sehr bedeutsam für die Frage, was in Zukunft getan werden muss und
kann, um den Klimawandel aufzuhalten. Auch die Digitalisierung verändert die Finanzbranche enorm. Mit diesen beiden Trends vor Augen, Digitalisierung und Nachhaltigkeit, wurde das TechQuartier damals gegründet, und es wird fortlaufend weiterentwickelt, auch in der Ausrichtung. Zunächst lag der Schwerpunkt tatsächlich auf Fintechs. Mittlerweile ist es aber, muss man feststellen, ein zentraler Anlaufpunkt für die Gründerszene in der Rhein-Main-Region geworden. Damit vernetzt es genau die Akteure, ist genau der physische Austauschort, den wir brauchen, um unseren Blickwinkel zu weiten, also nicht nur auf Fintechs zu fokussieren, sondern auch alle anderen zu beachten, Insurtech, die Greentech-Branche und die Gründungsaktivitäten, die sich dort entwickeln. Der Erfolg gibt uns recht. 2020 wurden in Frankfurt 70 Start-ups neu gegründet. Das ist für Städte in dieser Größe der zweitbeste Wert. Das zeigt doch, dass unsere Maßnahmen wirken, sehr geehrte Damen und Herren.

Ein zweites Cluster kann man in Darmstadt sehen, wo vor allem die Forschung in der Informatik und in
der IT-Sicherheit erfolgreich ist. Hier ist das Unigründungsprogramm HIGHEST zu nennen. Diese beiden
Bereiche zeigen schon, welch unterschiedliche Gründungscluster wir in Hessen haben, aber wir
wollen natürlich noch stärker in die Fläche. Das werden wir tun, indem wir die bestehenden Gründungscluster stärker vernetzen. Dort können dann Best-Practice-Beispiele ausgetauscht werden. Damit wollen wir erreichen, dass sich ganz Hessen zu einem aktiven und guten Start-up-Ökosystem weiterentwickelt. Der zweite Punkt – ich hatte es genannt – sind die Talente. Das ist ganz wichtig für die Gründerinnen und Gründer, weil es natürlich erst einmal Menschen braucht, die eine gute Idee haben, und dann auch Talente, die in den Start-ups daran arbeiten, um zu wachsen und sich weiterzuentwickeln. Dafür haben wir das Programm „AI Talent“ aufgesetzt. Junge Menschen durchlaufen ein Bootcamp, werden neun Wochen lang im Bereich künstliche Intelligenz geschult. Damit wollen wir die Region attraktiv für junge Talente gestalten. Der dritte Punkt ist der Zugang zu Kapital, weil der Erfolg von innovativen Neugründungen immer davon abhängig ist, wie gut der Zugang zu Kapital ist. Die Frage der Finanzierung ist ein Dauerthema für Start-ups. Eigenkapital, Fremdkapital, Gründungszuschüsse oder Stipendien – in Hessen haben wir eine breite Paletten an Angeboten für Finanzierungsinstrumente. Ich möchte nur ein Beispiel nennen, den Futury Fonds. Das Land Hessen hat in Kooperation mit bekannten Venture-Capital-Gebern einen sehr attraktiven Beteiligungsfonds aufgebaut und stellt damit Risikokapital zur Verfügung. Das ist für ein Bundesland in der Größe schon ein großer Schritt. Das zeigt, wie ernst wir es mit der Start-up-Politik in Hessen meinen.

Sehr geehrte Damen und Herren, in Hessen passiert eine Menge, wie ich Ihnen in der kurzen Zeit versucht
habe aufzuzeigen. Dass diese Bemühungen Früchte tragen, zeigt sich auch an den Gründungsaktivitäten.
Herr Stirböck, Sie haben vergessen, das Einhorn Clark aufzuzählen, das aus Frankfurt kommt, aus
der Fintech- bzw. Insurtech-Branche. Seit November gehört es zu den Einhörnern. Sie haben es hoffentlich nicht mit Absicht unter den Tisch fallen lassen. Das bedeutet: Aus unserer Start-up-Politik gehen sehr erfolgreiche Start-ups hervor. Die hessischen Start-ups sind regelmäßig unter den Top 50 vertreten. Darmstadt und Frankfurt sind führende Städte. Wir werden da nicht nachlassen. In diesem Wettbewerb wird man schnell abgehängt, wenn man nachlässt. Deshalb seien Sie sicher, dass wir weiterhin viel Kraft und viel Energie in unsere Start-up-Politik investieren, um weiterhin eine gute Gründungspolitik in Hessen zu betreiben. – Vielen Dank.

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