Sehr geehrte Damen und Herren,
2007 gab es einen überfraktionellen Beschluss, der Kreis solle bis 2050 vollkommen aus Erneuerbaren Energien versorgt werden. Seitdem präsentiert sich der Landkreis Hersfeld-Rotenburg medienwirksam und Stolz als 100%-EE-Region, zum Beispiel auf dem „100% Erneuerbare Energien“ Kongress in Kassel.
Was damals aber so einig beschlossen wurde, hat bis heute zu keinen konkreten Maßnahmen geführt. Der Beschluss enthält keinen klaren Auftrag an die Verwaltung, daher sind bisher keine weiteren Schritte zur Erreichung dieses Ziels erfolgt.
Möglichkeiten, dieses – zugegeben ambitionierte – energiepolitische Ziel zu erreichen, gäbe es jedoch schon. Der Landkreis Hersfeld-Rotenburg finanzieren tolle Initiativen hier in Nordhessen mit: das Projekt „100% Erneuerbare Energien“ von deenet, das Projekt Klimzug Nordhessen, die naturkraft-region oder das Regionalmanagement Nordhessen werden von uns finanziell unterstützt. Nutzen tun wir diese Initiativen allerdings kaum! Das soll sich ändern. Wir möchten in den verantwortlichen Ausschüssen das Thema aufgreifen und das weitere Vorgehen und einen Handlungsrahmen erarbeiten. Ich hoffe hierbei auf eine breite, parteiunabhängige und überfraktionelle Mitarbeit von allen Mitgliedern der Ausschüsse. Nur gemeinsam können wir das Ziel erreichen, den Landkreis Hersfeld-Rotenburg zu 100% aus erneuerbaren Energien zu versorgen.
Da man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, möchte ich hier noch einmal darauf eingehen, warum es eine große, globale Notwendigkeit ist, dass wir unsere Energieversorgung, aber auch viele andere Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens umstellen.
Jeder einzelne von uns in Deutschland verursacht rund 15t CO2 pro Jahr. Um die Auswirkungen des Klimawandels in einem halbwegs verträglichen Maße zu halten, müssen wir die CO2 Emissionen auf 2, maximal 5 Tonnen pro Jahr reduzieren. Ich denke Sie alle stimmen mir zu, dass wir vor einer Mammutaufgabe stehen.
Das Problem ist, wir alle sehen die Auswirkungen unseres derzeitigen Lebens jetzt noch nicht!
Wissen sie, wie lange es dauert, bis die Folgen unseres heutigen Mobilitätsverhaltens, unserer Ernährungs- und Lebensgewohnheiten spürbar werden?
Der CO2-Ausstoß, den wir heute auf der Fahrt mit dem Auto hierher zum Landratsamt verursacht haben, wird erst in 20 bis 25 Jahren in der Atmosphäre klimawirksam!
Erst in 20-25 Jahren werden wir und unsere Nachkommen die Auswirkungen unseres jetzigen Lebens spüren. Ich denke, es ist höchste Zeit zu handeln!
Wir dürfen darüber hinaus unseren Landkreis nicht mit einer Käseglocke betrachten. Alles was wir hier machen hat Auswirkungen auf die globalen Entwicklungen.
Ein Beispiel dafür: Wir in der westlichen Welt hatten das unglaubliche Glück, durch die industrielle Revolution viel Kapital ansammeln zu können. Das hat uns einen hohen Wohlstand ermöglicht, aber auch den Klimawandel vorangetrieben. Wir sind in der glücklichen Lage, uns durch diese Kapitalanhäufung vor den Auswirkungen des Klimawandels zumindest teilweise schützen zu können. Nehmen wir beispielsweise die Niederlande. Das Land liegt etwa 2 Meter unter dem derzeitigen Meeresspiegel und würde wortwörtlich absaufen wenn der Meeresspiegel um mindestens 2 Meter steigt, wie es heute vorausgesagt wird. Die Niederlande und auch die deutschen Küsten sind aber für den Anstieg des Meeresspiegels, Wirbelstürme und Wetterextreme gut gewappnet. Durch Deiche kann vermutlich ein großer Teil der Auswirkungen abgehalten werden.
Bangladesch ist ein Land in Südasien, welches sehr landwirtschaftlich geprägt ist und keine industrielle Revolution durchlaufen hat. Dort liegt der CO2 Ausstoß pro Kopf übrigens bei 0,5 Tonnen pro Jahr. Bangladesch liegt ebenso wie die Niederlande 2m unter dem Meeresspiegel, verfügt aber nicht über das notwendige Kapital um sich gegen Überschwemmungen, Wirbelstürme und Anstieg des Meeresspiegels zu wappnen.
Ich hoffe Sie alle teilen meine Meinung wenn ich sage, eine solche Entwicklung ist mehr als unfair.
Wir im Landkreis können anfangen, etwas zu ändern. Wir können unsere Energieversorgung umstellen, die Schulen zum Energiesparen anhalten und durch bloßes Sichtbarmachen der Verbräuche die Menschen fürs Energiesparen sensibilisieren.
Unter der viel beschworenen „Generationengerechtigkeit“ versteht man nicht nur Gerechtigkeit zwischen den zeitlich getrennten Generationen, also unserer und die unserer Kinder und Enkel, sondern auch die intragenerationale Verantwortung gegenüber denjenigen, die einfach nicht das Glück hatten in einer solchen begünstigten Region aufzuwachsen wie wir.
Ich bitte Sie daher alle um Zustimmung zu diesem Antrag.
Vielen Dank.
(Die CDU warf mir nach dieser Rede vor, ich wolle die industrielle Revolution rückgängig machen. Sorry, aber da haben sie meiner Meinung nach absolut nichts verstanden von dem, was ich gesagt habe. Es wird veruscht krampfhaft nicht über den Tellerrand (Kreisgebiet) herauszuschauen und sowieso muss anscheinend alles, was von den Grünen kommt, von vorneherein abgelehnt werden. Liebe CDU, ich finde manche Sachen von euch gut und manche nicht. Das mache ich aber ganz und gar nicht von der Parteizugehörigkeit abhängig und würde mich freuen, wenn ihr ebenso offen Politik machen würdet!)
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