19. Oktober 2012

Die ersten Wochen in Südafrika

Nach fast drei Wochen ist das hier nun endlich mein erster Blogeintrag aus Südafrika. Es hat so lange gedauert, weil wir in den ersten Wochen unheimlich viel zu organisieren und zu regeln hatten, so dass ich keine richtige Zeit hatte zu schreiben.

Jetzt kann ich aber sagen, dass ich jetzt so richtig angekommen bin in diesem Land, in dem ich bis Dezember bleiben werde, und sich der Alltag eingependelt hat. Seit Anfang der Woche können wir auch endlich mit unserem Projekt beginnen.

Die größte Herausforderung war es bisher, eine Unterkunft für uns sieben Stipendiaten zu finden. Neben mir und meiner Projektpartnerin erhielten noch fünf weitere Studenten der Uni Oldenburg ein Stipendium, allerdings für unterschiedliche Projekte. Die Wohnungssuche stellte sich als schwieriger heraus als wir dachten. Die Mindestmietdauer beträgt meistens sechs Monate und möblierte Unterkünfte in unserem Preisrahmen für sieben Personen sind sehr schwer zu finden. Nach etlichen Telefonaten, vielen Besichtigungsterminen, zahlreichen Enttäuschungen hatten wir aber dann einen Glückstreffer: Eine Villa in dem sicheren Stadtteil Humewood mit fünf Schlafzimmern, drei Badezimmern, einem Pool und großem Wohnbereich für die Zeit bis Ende Dezember. Außerdem befindet sich auf dem Grundstück noch ein kleines Gästehaus, welches ebenfalls komplett mit Küche und Bad ausgestattet ist. Da wir uns die Zimmer teilen und das Haus mit sieben Personen mieten, beträgt die Miete für jeden von uns ca. 300 Euro (inklusive Internet, Wasser, Strom). Außerdem ist der Strand nur zwei Blocks entfernt.

Um ein Auto haben wir uns auch zunächst gekümmert, mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man hier nämlich nicht sehr weit. Es gibt kaum öffentliche Busse, Taxifahren ist auch relativ teuer und Sammeltaxi fahren nicht ganz ungefährlich. Sammeltaxen sind meist ziemlich schrottige Kleinbusse mit 12 Sitzen (ich habe noch keines gesehen welches nicht völlig verbeult ist), die durch die Straßen fahren und die Leute von A nach B bringen. Das Prinzip, wer wohin fährt, habe ich noch nicht so ganz verstanden, uns wurde aber auch abgeraten diese zu nutzen.

Aus diesem Grund fahren wir seit knapp einer Woche einen kleinen, weißen Einser Golf, der bestimmt schon 15 Jahre alt ist. Die meiste Zeit ist er verlässlich und springt an, manchmal auch nicht – wie das eben so ist mit alten Autos ;-).

Einkaufszentren gibt es hier meist außerhalb und kleine Supermärkte sind kaum zu finden – wenn, dann sind sie teurer. Überhaupt sind Lebensmittel hier überwiegend teurer als in Deutschland und selber kochen kostet im Endeffekt meistens mehr, als irgendwo essen zu gehen, was wiederum unglaublich günstig ist. Ein komplettes Gericht plus Getränk kostet hier selten mehr als 5 Euro, meistens weniger. Das liegt wohl daran, dass Supermärkte nur von Menschen besucht werden, die sich dies leisten können. Eine Essen-kaufen-und-zuhause-kochen-Kultur wie in Deutschland gibt es nicht unter den ärmeren Menschen, die sich eher Take-aways (Essen zum Mitnehmen) holen. Dadurch hat sich noch kein Preiskampf zwischen den Supermärkten entwickelt und es existieren keine Discount-Supermärkte wie bei uns in Deutschland.

Da ich weiß, dass sich einige von euch bezüglich der Kriminalität ziemliche Sorgen gemacht haben, möchte ich ein wenig aus unserm Alltag und dem normalen Leben hier erzählen. Die ersten Nächte haben wir Frauen in einem Hostel im Stadtzentrum gewohnt. Im Hostel selbst war es sicher, jedoch haben uns die Taxifahrer abends manchmal abgesagt, da sie bei Dunkelheit nicht ins Zentrum fahren wollen. Daraus schließe ich, dass es nicht die beste Idee war, das günstigste Hostel zu nehmen ;-). Wir haben daraus gelernt! Und sind seitdem vorsichtiger mit der Wahl unserer Unterkünfte.  Keine Sorge, es ist uns nichts passiert, wir konnten tagsüber normal durch die Straßen laufen und haben uns viel mit dem Auto fortbewegt.

Von dieser Erfahrung aber abgesehen habe ich noch keinen großen Unterschied zu Deutschland feststellen können. In unserem Viertel, in Humewood, habe ich tagsüber keine Bedenken alleine auf die Straße zu gehen. Nachts ist das etwas anderes, vermutlich aber vergleichbar mit verschiedenen Vierteln in Frankfurt. Unser Haus hat eine krasse Alarmanlage und unser Grundstück ist umzäunt. Versehentlich wurde die Alarmanlage schon am ersten Abend ausgelöst – und die Security war innerhalb von 3 Minuten da! Ausschließen kann man natürlich nie etwas, aber das ist ja in Deutschland ähnlich.

Am Dienstag haben wir unser Projekt in einer Gastvorlesung in der Universität vorgestellt. Wir sind keine eingeschriebenen Studenten, da die Semestergebühr sehr hoch ist, weshalb die Kooperation mit der Uni nur begrenzt möglich ist. Wir haben einige Ansprechpartner vor Ort, die auch sehr hilfsbereit sind, uns wurde aber vom Oldenburger Lehrstuhl vermittelt, diese Kooperation nicht zu sehr zu strapazieren.

Seit Montag haben wir nun endlich richtig mit unserem Projekt begonnen, welches zunächst einmal aus Recherchearbeit  bestehen wird. Wir starten tatsächlich komplett bei null. Ziel ist es, innerhalb der drei Monate einen Projektantrag für ein Programme of Activity (PoA) zu schreiben. Diese Mechanismen sind Teil des internationalen Emissionshandels und dafür gedacht, den Wissens- und Geldtransfer zwischen Entwicklungs- und entwickelten Ländern zu regeln. Wir müssen also zunächst Partner hier vor Ort finden, die bereit sind die Koordination zu übernehmen, um dann mit diesen Partnern zusammen die weitere Vorgehensweise abzustimmen. Dafür haben wir schon Kontakte zu dem südafrikanischen Energieversorger, Eskom, geknüpft und verschiedene andere Institutionen im Blick, mit denen wir uns in den nächsten Tagen bzw. Wochen treffen.

Die Situation der Stromversorgung ist hier übrigens sehr interessant: Bis vor einigen Jahren gab es regelmäßig geplante Stromabschaltungen in Port Elizabeth, zu verschiedenen Tageszeiten wurde in den Stadtvierteln der Strom für einige Stunden abgeschaltet, da die Netze sonst überlastet gewesen wären. Das ist zwar momentan nicht mehr ganz der Fall, aber besonders im Sommer, wenn die Klimaanlagen alle voll aufgedreht sind, kann es immer mal wieder zu Stromausfällen kommen – das ist hier ganz normal.

Eskom plant schon seit längerem, hier in der Gegend ein zweites Atomkraftwerk zu bauen. Das erste in ganz Afrika steht in der Nähe von Kapstadt. Dabei würden sich Windkraft, Solarthermie (hier wird das komplette Wasser über Elektrizität erwärmt!) und Wasserkraft hier sicherlich lohnen. Port Elizabeth wird auch „Windy City“ genannt. Einige Windparks sind wohl auch in Planung (überwiegend von europäischen Investoren), allerdings scheinen hier Großprojekte schwieriger umzusetzen sein als der Flughafen Berlin-Brandenburg. Insbesondere durch Korruption wird die Umsetzung solcher Großprojekte häufig gelähmt.

Insgesamt gefällt es mir aber sehr gut, ich verstehe mich super mit den anderen, wir haben viel Spaß und sind motiviert an unseren Projekten zu arbeiten. Wenn jetzt noch das Wetter besser wird (Regen!!), ist alles gut.

Zu den Fotos gibt es noch einiges zu erzählen:

Unser Einser Golf war bereits nach zwei Stunden mieten kaputt: Torben wollte die Fensterscheibe runterkurbeln und dabei ist die Scheibe in den Innenraum der Tür gefallen. Als ich bei der Autovermietung anrief und etwas zerknirscht unser Problem schilderte, sagten die nur „oh yes, they do that sometimes!“ und reparierten es uns.

Unser Haus ist wie auf den Bildern zu sehen großartig – wir haben sogar einen Indoor-Braai, der auch funktioniert. Braai ist hier ein Grill und im Gegensatz zu Deutschland nutzt man nicht Holzkohle, sondern Holzscheite. Das dauert dann auch entsprechend länger, spiegelt so den African Way aber ganz gut wider. 🙂

Am Samstag waren wir bei einem Rugby spiel in dem WM-Stadion hier in Port Elizabeth. Obwohl keiner von uns die Regeln verstand und es ein ziemlich brutaler Sport ist (so sieht es zumindest aus), hatten wir jede Menge Spaß. Vor allem weil „unsere“ Mannschaft, die Eastern Provence Kings gewonnen hatte. Anfang Dezember finden hier die Rugby Sevens statt, ein zweitätiges Turnier bei dem die Rugby-Nationen gegeneinander spielen. Die All Blacks (das Rugbyteam von Neuseeland) werden auch dabei sein! Keine Frage, dass wir uns das nicht entgehen lassen werden.

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